Wie und warum Sie mit veganen Gerichten punkten
Wenn das Sellerieschnitzel zum Star auf dem Teller wird

Unsere Essgewohnheiten haben sich im Laufe der Zeit stark verändert. Während früher vor allem Fleisch- und Milchprodukte auf unserem Speiseplan standen, greifen heute immer mehr Menschen zu pflanzlichen Lebensmitteln – denn die vegane Kost erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit. Erfahren Sie im Interview mit Martina Walter-Kunkel, CHEFS VALUE-Expertin für Ernährung, und Ralph Hilse, CHEFS VALUE-Experte für Wirtschaftlichkeit und Konzeptentwicklung, welche Vorteile eine rein pflanzliche Ernährung bietet, wie Sie vegane Gerichte ganz einfach in Ihre Speisekarte/Ihren Speiseplan integrieren und warum Sie damit nicht nur Ihren Gästen etwas Gutes tun.
Wie haben sich die Essgewohnheiten in unserer Gesellschaft verändert? Welche interessanten Fakten gibt es hierzu?

Martina Walter Kunkel: Tatsächlich essen immer mehr Menschen weniger bis gar keine tierischen Produkte mehr. Während früher viel häufiger Fleisch- und Milchprodukte auf unseren Speiseplan standen, greifen heute immer mehr Menschen zu pflanzlichen Lebensmitteln oder veganen Ersatzprodukten – denn die vegane Kost erfreut sich nach wie vor einer immer größeren Beliebtheit. Aber nicht nur Veganer:innen konsumieren vegane Produkte. Oft sind es auch die neugierigen „Normalesser“, die sich für lecker klingende vegane Gerichte entscheiden.
Welche Beweggründe haben zu dieser Transformation geführt?

Martina Walter Kunkel: Durch unsere moderne Ernährungsweise werden Ressourcen weit mehr verbraucht, als sie auf der Erde vorhanden sind. Weite Wege und moderne Produktionen belasten die Umwelt – z.B. spielt das Thema CO2-Belastung eine große Rolle. Viele Esser stellen aber auch das Thema Tierwohl in den Vordergrund, als Auslöser für eine vegane Lebensweise. Aber nicht nur das. Auch das Bewusstsein für eine gesundheitsförderliche Ernährung steigt zunehmend und es wird vermehrt auf die Aufnahme gesunder Lebensmittel geachtet – und da stehen Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide eben hoch im Kurs.
In den Kliniken führt eine gesunde, pflanzenbasierte Kost oft zu schnellerer Heilung und kürzerer Verweildauer. Und die Verbraucher und Verbände fordern vermehrt, dass Klinikessen nicht nur schmeckt, sondern die Heilung fördert. Also spielt diese Ernährungsform in allen Bereichen der Verpflegung eine wichtige Rolle.
Wenn wir von pflanzlicher Ernährung sprechen – welche gesundheitlichen Vorteile würden Sie besonders hervorheben?

Martina Walter Kunkel: Pflanzliche Lebensmittel sind sehr nährstoffreich. Sie bieten eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und Antioxidantien, die zur allgemeinen Gesundheit beitragen können. Durch eine Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten ist, kann das Risiko an diversen Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Adiposität oder z.B. Herzkrankheiten sinken.
In der Regel haben pflanzliche Lebensmittel weniger Kalorien und mehr Ballaststoffe als tierische Lebensmittel. Das kann zu einem schnelleren Sättigungsgefühl führen und somit die Energiezufuhr geringer halten. Durch den höheren Ballaststoffanteil in pflanzlichen Lebensmitteln wird eine gesunde Verdauung gefördert. Neben allen gesundheitlichen Vorteilen einer pflanzenbasierten Ernährung ist ganz besonders auf den oft geringeren ökologischen Fußabdruck von pflanzlichen Lebensmitteln hinzuweisen. Und das sind oft die Hauptgründe, warum die Tischgäste lieber vegane Gerichte verzehren.
Gibt es Risiken bei dieser Ernährungsform?

Martina Walter Kunkel: Für einen gastronomischen Betrieb sind diese Risiken bei der Verpflegung von Veganer:innen zweitrangig. Der Gast kommt vielleicht nur ein einziges Mal zum Essen in das Restaurant oder Hotel. Aber in der Betriebsgastronomie, wo die Mitarbeiter vielleicht vier bis fünf Tage in der Woche essen oder in einer Klinik, bei einem längeren Aufenthalt ist die ausreichende Nährstoffzufuhr ein wichtiger Faktor. Trotzdem darf die Gastronomie ein ansprechendes, veganes Angebot nicht außer Acht lassen. Die vielen Flexitarier lassen sich spannende, vegetarische oder vegane Gerichte auch gerne schmecken.
Man hört ja stets, dass Veganer:innen ihren Vitamin B12-Bedarf im Auge behalten sollen. Über welche angereicherten Lebensmittel kann das Vitamin „fleischlos“ aufgenommen werden?

Martina Walter Kunkel: Vitamin B12 kommt in pflanzlichen Lebensmitteln nur in sehr geringen Mengen vor – zum Beispiel in fermentierten Produkten wie Sauerkraut. Auch bestimmte Algen enthalten das Vitamin, allerdings schwankt der Gehalt. Daher ist Veganer:innen dringend zu empfehlen, Vitamin B12 zu supplementieren.
Auf dem Markt sind zudem viele Produkte erhältlich, die mit B12 angereichert sind und somit auch Veganer:innen eine ausreichende Versorgung ermöglichen. Das können pflanzliche Milchersatzprodukte, angereicherte Cerealien oder Fleischersatzprodukte sein. Wichtig ist es, die Etiketten genau zu studieren.
Wie Sie den Nährstoffbedarf ausschließlich über pflanzliche Lebensmittel decken können, erfahren Sie hier.
Welche Bedeutung tragen Ihrer Meinung nach vegane Angebote auf dem Außer-Haus-Markt?

Martina Walter Kunkel: Ein attraktives, ansprechendes veganes Angebot ist heute ein Muss. Die Vorteile sind vielfältig. Für den Tischgast und für den Anbieter. Ein breiteres Angebot fördert die kulinarische Vielfalt. Die gesundheitlichen Vorteile und eine umweltfreundliche Ernährung schließen Genuss nicht aus. Sie laufen aktuellen Trends nicht hinterher, sondern sind voll dabei. Wie wär‘s beispielsweise mit einem knusprigen, veganen Sellerieschnitzel auf der Speisekarte? Das ist ein altbekanntes Rezept, das aktuell ein Revival erlebt. Lassen Sie es sich schmecken.
Welche Trends sehen Sie für die Zukunft der pflanzlichen Gastronomie?

Ralph Hilse: Wir beobachten, dass die Entwicklung eindeutig hin zu mehr Vielfalt und qualitativ hochwertigen pflanzlichen Produkten geht. Fermentierte Lebensmittel, Getreideprodukte, Pilzproteine oder innovative Fleischalternativen werden immer beliebter. Restaurants, Betriebskantinen und Kliniken setzen sich bereits mit diesen Trends auseinander. Unser Expertenteam beobachtet im Rahmen von Trendtouren und diversen Beratungen, dass vegane Gerichte nicht mehr als „Verzicht“ kommuniziert werden, sondern als kreative, hochwertige Küche. Viele Restaurants setzen auf ausgefallene Kompositionen, regionale Superfoods und internationale Einflüsse (z.B. Levante-Küche). Vegane Streetfood-Konzepte, Deli-Angebote und Mitnahmegerichte boomen. Auch im Kantinen- und Snackbereich wächst das Angebot. Vegane Käse-, Fisch- oder Ei-Alternativen werden zunehmend handwerklich produziert – z. B. Cashew-Camembert, Jackfruit-"Lachs" oder Kichererbsen-Omeletts. Das hebt das Image und die Qualität deutlich.
Wie gelingt die Umstellung oder Erweiterung des veganes Speisenangebots auf der Speisekarte?

Martina Walter Kunkel: Fragen Sie sich zunächst, wer sind meine Tischgäste? Ist das Publikum jünger, älter, gemischt? Dann fragen Sie Ihre Mitarbeitenden, ob sie Ideen oder Vorschläge haben, welche veganen Speisen gut angenommen werden. Informieren Sie sich über passende Rezepturen und probieren diese zunächst einmal aus. Setzen Sie einzelne Gerichte auf die Tageskarte – so sehen Sie, was gut ankommt. Achten sie darauf, dass das vegane Angebot viele Geschmäcker trifft und dass es verschiedene, Texturen und Zubereitungsarten umfasst, die einzelnen Vorlieben und Ernährungsbedürfnisse zu bedienen. Nicht jeder mag einen veganen Burger. Machen Sie ihre Tischgäste neugierig auf das vegane Angebot, z.B. mit Fotos. Verwenden Sie frische, saisonale hochwertige Zutaten und verweisen Sie darauf. Achten Sie auf die ausreichende Kennzeichnung. Und last but not least schulen Sie Ihre Mitarbeitenden in Service und Küche, um das Angebot gekonnt an den Gast zu bringen und wie Kreuzkontaminationen bei der Produktion und am Buffet vermieden werden können.
Worauf muss Ihrer Meinung nach weiterhin bei der Umstellung geachtet werden?

Martina Walter Kunkel: Akzeptieren Sie Tischgäste mit veganer Vorliebe. Diese sind davon überzeugt und leben nach Ihren Vorstellungen. Bedenken Sie, dass in gemischten, größeren Gruppen bestimmt mindestens eine Person mit einer anderen Ernährungsweise dabei ist. Sollte es kein passendes Angebot geben, wird eine andere Lokation gewählt.
Trotz veganer Ernährungsweise möchten die Tischgäste die Haptik und den Geschmack von Fleisch oder Fisch nicht missen. Hier können Sie den „leichten“ Einstieg durch vegane Ersatzprodukte meistern. Diese sind optisch und geschmacklich meist kaum vom Original zu unterscheiden. Hilfreich ist es, neue Rezepte auszuprobieren und kreativ mit pflanzlichen Zutaten zu kochen. So wird die vegane Ernährung abwechslungsreich und lecker – und der Renner auf Ihrer Speisekarte.
Ralph Hilse: Ein überzeugendes veganes und vegetarisches Angebot lebt nicht nur von Qualität und Geschmack, sondern auch von der authentischen Begeisterung, mit der es präsentiert wird – gegenüber Gästen wie auch im Team. Um Vorurteile abzubauen und echte Überzeugung zu schaffen, sind regelmäßige Schulungen (z.B. dazu, wie man das Gästeerlebnis steigert) für die Mitarbeitenden essenziell. Sie stärken Fachwissen, fördern die Identifikation mit dem Konzept und machen das gesamte Team zu glaubwürdigen Botschaftern einer modernen, nachhaltigen Gastronomie.
Die Vielfalt veganer Gerichte ist riesig. Wo können sich Betriebe inspirieren lassen?

Martina Walter Kunkel: Wir haben viele tolle Rezeptideen in unseren Rezeptgalerien gesammelt. Leckere und abwechslungsreiche vegane Rezeptideen finden Sie zum Beispiel hier: „Vegane Glücksmomente“. Darüber lasse ich mich auch gerne immer wieder inspirieren.
Außerdem können Sie unser Campusangebot nutzen und die Seminare und Kochkurse zum Thema besuchen:
- Vollwertig – vegetarisch – vegan
- Kocherlebnis CHEFS vegan – Basics
- Kocherlebnis CHEFS vegan – Fortgeschrittene
Welche kreativen Vermarktungsstrategien empfehlen Sie?

Ralph Hilse: Der Begriff „vegan“ sollte nicht als bloßer Ersatz oder Verzicht kommuniziert werden. Vielmehr geht es darum, Genuss in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Speisekarte kann pflanzliche Gerichte etwa mit kreativen Namen versehen: Statt "Vegane Bratwurst mit Kartoffelsalat" könnte es "Knusprige Wurzelpower mit Senfzauber" heißen. Restaurants können mit Events wie "Veganer Mittwoch" oder "Pflanzenpower-Woche" Aufmerksamkeit erzeugen. In Betriebskantinen oder Kliniken ist Aufklärung wichtig – Infotafeln über die gesundheitlichen Vorteile können Akzeptanz und Interesse steigern.
Wir danken Martina Walter-Kunkel und Ralph Hilse für ihre Experten-Einblicke in die ernährungsphysiologische und wirtschaftliche Bedeutung veganer Gerichte und wünschen Ihnen, liebe Lesende, viel Freunde beim Zubereiten und Servieren von Sellerieschnitzel, knuspriger Wurzelpower und weiteren kreativen pflanzlichen Köstlichkeiten.

Wenn es um Themen wie passierte und pürierte Kost, vegane Ernährung oder Krisenmanagement geht, ist Martina Walter-Kunkel sofort zur Stelle. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung – sowohl in der Praxis, als auch in der Theorie – ist sie eine echte Expertin auf vielen Gebieten. Seit 2010 steht sie nun dem CHEFS VALUE Campus zur Seite und hilft mit ihrem großen Erfahrungsschatz und ihren speziellen Kenntnissen in der Seniorenverpflegung, der Schulverpflegung und im Bereich der vollwertigen, vegetarischen und veganen Ernährung.

Unser Senior Consultant Ralph Hilse lebt dafür, Unternehmern und Start-ups in Gastronomie und Hotellerie den Weg zu einer erfolgreichen Zukunft aufzuzeigen – und das mit klaren Fakten, Zahlen und Vorgehensweisen. Durch seine jahrelange leitende und managende Tätigkeit im Hotel- und Gastgewerbe und mit seinem ausgezeichneten Blick für neue, branchenspezifische Entwicklungen und Trends ist er der richtige Ansprechpartner für eine konzeptionelle und wirtschaftliche Beratung zu diesen Themen in Hotellerie und Gastronomie.