Kalkulation in diesen Zeiten
3 Prozessschritte und 9 Tipps, wie Sie am besten vorgehen
In Zeiten, wo die Mehrwertsteuerbefristung auf Speisen ausläuft und die CO₂-Steuer im Jahr 2024 steigt, ist es überlebenswichtig, individuell für einen Betrieb die richtige Strategie zu entwickeln. Für viele Betriebe wird es nur schwer umzusetzen sein, die steigenden Kosten einfach auf den Bestandspreis der Speisenartikel aufzuschlagen. Umso mehr muss Augenmerk auf eine profunde Preiskalkulation gelegt werden.
Im Hinblick auf die Preisfindung lassen sich in der Praxis primär zwei Kalkulationsweisen vorfinden. Erstens: Betriebe, die ihre Preise im Rahmen der Zuschlagskalkulation auf Basis eines Kalkulationsfaktors ermitteln – d.h. kostenorientierte Kalkulation. Zweitens: Betriebe, die ihre Preise an den Mitbewerbern und Kunden ausrichten – d.h. marktorientierte Kalkulation. Es ist zu beachten, dass in der Gastronomie immer mit einer Mischkalkulation gearbeitet wird. Denn nicht alle Produkte können wir mit der geplanten Zielwareneinsatzquote kalkulieren. Das Hauptziel einer wirtschaftlich orientierten Kalkulation sollte es sein, alle Kosten, den gewünschten Gewinn sowie die Umsatzsteuer in die Berechnung einzubeziehen.
Warum ist der Deckungsbeitrag in Euro wichtiger als eine niedrige Zielwareneinsatzquote in Prozent?
Nehmen wir folgendes Beispiel:
Eine Flasche Champagner mit einem Einkaufswert von 40 €, einer Zielwareneinsatzquote von 20 % und 19 % MwSt. müsste für 238 € angeboten werden. Es ist jedoch stark annehmbar, dass sich die Flasche bei solch einem Preis nur schwer verkaufen ließe.
Hier macht es aus Gründen der Produktnachfrage eher Sinn, mit einer Wareneinsatzquote von 50 % zu kalkulieren und die Flasche für 95 € zu verkaufen. Bei einem höheren Verkaufspreis geriete der Deckungsbeitrag stärker in den Blick. Bei dieser Rechnung würde er 40 € netto betragen. Um diese 40 € im Deckungsbeitrag zu erreichen, müssten ca. 20 Kaffee verkauft und serviert werden.
Anhand des Beispiels wird deutlich: Es empfiehlt sich, jedes Gericht einzeln zu kalkulieren und auf ein ausgewogenes Preisbild zu achten. Dabei sollte auch der Markt im Blick behalten werden.
Drei Schritte sind für eine erfolgreiche Umsetzung einer Kalkulation zu beachten: Analyse, Kalkulation, Umsetzung. Folgend stellen wir die einzelnen Schritte genauer vor.
1. Analyse
Führen Sie eine Renner-Penner-Analyse der Speisen- und Getränkekarte durch
- Penner…sind Produkte, die einen hohen Deckungsbeitrag bei geringer Absatzmenge besitzen.
- Aktion: Reduzieren Sie den Preis der jeweiligen Speise/des jeweiligen Getränks, um die Absatzmenge zu erhöhen. Alternativ oder zugleich können Sie diese speziell bewerben – zum Beispiel auf der Speisenkarte, durch Tischaufsteller oder durch Empfehlungen des Servicepersonals.
- Verlierer…sind Produkte, die neben einem geringen Deckungsbeitrag ebenfalls niedrige Verkaufszahlen aufweisen.
- Aktion: Nehmen Sie diese Speisen oder Getränke von der Karte.
- Renner…sind Produkte, die eine hohe Verkaufsmenge mit gleichzeitig niedrigen Deckungsbeiträgen besitzen.
- Aktion: Heben Sie den Preis dieser Speisen oder Getränke an. Alternativ oder zugleich können Sie prüfen, ob nicht Produkt-Varianten verfügbar sind, die zwar qualitativ gleichwertig, jedoch preislich günstiger sind.
- Gewinner…sind Produkte, die sowohl eine hohe Verkaufsmenge als auch einen hohen Deckungsbeitrag besitzen.
- Aktion: Verändern Sie hier nichts. Alternativ können Sie den Preis leicht anheben.
Analysieren Sie die Prozesse
Im Zusammenhang mit der Renner-Penner-Analyse müssen auch die Prozesse und Aufwände für die Fertigstellung jedes Gerichts unter die Lupe genommen werden. Prüfen Sie daher, welche Arbeitsschritte effektiver und produktiver gestaltet werden können – zum Beispiel durch den Einsatz von Convenience-Produkten, die bestimmte Lebensmittel mit hohem Zubereitungsaufwand ersetzen könnten.
2. Kalkulation
Nach der Auswertung aller Daten, ist zu überlegen, wie die strategische Auswertung erfolgen soll. Dementsprechend werden alle Kalkulationen der Artikel im Speisen- und Getränkebereich überarbeitet und anhand der neuen Kosten und Steuern auf die gewünschte Ertragssituation hin kalkuliert.
3. Umsetzung
Preisänderungen bleiben bei Gästen nicht unbemerkt – und mitunter nicht unkommentiert. Um Diskussionen zu vermeiden und das Vertrauen der Gäste beizubehalten, ist es essenziell, proaktiv mit ihnen über die Preisgestaltung zu kommunizieren. Hier ist vor allem eine offene Kommunikation mit den Gästen der Grundpfeiler: nur so kann die Gästebindung und Treue der Stammgäste beibehalten bzw. gefördert werden. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende Kommunikation im Team, denn besonders die Mitarbeitenden im Service sind zumeist das Sprachrohr zu den Gästen.
Als offen kommunizierter Hinweis und als Erklärung von Preisanhebungen den Gästen gegenüber kann ein Einleger auf der ersten Seite der Speisekarte und/oder ein Aushang am Eingang ein angemessenes Kommunikationsmittel sein. Der Text könnte wie folgt gestaltet sein:
Beispieltext für Einleger oder Aushang
Liebe Gäste,
wie Sie sicher schon mitbekommen haben, ist die Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 % auf 19 % gestiegen. Zusätzlich ist die CO₂-Steuer deutlich angewachsen. Ebenso ist es uns ein großes Anliegen, unseren Mitarbeitenden angemessene Löhne zu zahlen, um ihnen weiterhin einen sicheren und fairen Arbeitsplatz gewährleisten zu können.
Auch wir sind daher gezwungen, unsere Preise anzupassen, um Sie bei gleichbleibender Qualität unseres Speisen- sowie Getränkeangebots bewirten und alle Mitarbeitenden weiterhin beschäftigen zu können. So ist es uns möglich, auch in Zukunft Ihr Gastgeber bleiben zu können.
Wir bedanken uns herzlich für Ihr Vertrauen und freuen uns sehr, dass Sie unsere Gäste sind!
Ihr Team von XY
Preisanhebungen sind nicht einfach umzusetzen und an einem gewissen Punkt ist die Preiselastizität der Nachfrage erreicht. Daher sollten auch begleitende Maßnahmen zur Kostenreduzierung realisiert werden, um den Ertrag zu sichern.
9 Tipps für die Kalkulation
- Alle Speisen, die für das Jahr 2024 angeboten werden (wie z.B. bei Veranstaltungen), müssen mit 19 % MwSt. kalkuliert werden.
- Alle Speisen und Getränke, die verkauft werden, müssen kalkuliert werden.
- Die steigenden Kosten und die Steuer sollten auf alle angebotenen Speisen und Getränke verteilt werden.
- Portionsgrößen sollten für einen höheren Deckungsbeitrag angepasst oder ausgetauscht werden.
- Alle Produkte sollten in jedem Gericht darauf überprüft werden, ob nicht eine qualitativ gleichwertige, jedoch günstigere Option verfügbar ist.
- Preise sollten gerundet (möglichst aufgerundet) werden.
- Das Preisbild sollte sowohl intern und extern beachtet werden.
- Ein hoher Deckungsbeitrag in Euro sollte einer niedrigen Wareneinsatzquote in Prozent vorgezogen werden.
- Produktionsverluste sollte vermieden und High-Convenience-Lösungen – da, wo sinnvoll – integriert werden.
Für einen reibungslosen Ablauf in der Hotellerie und Gastronomie ist unser Fachberater Tobias Scheibl der richtige Ansprechpartner. Während seiner langjährigen Berufspraxis in der 4- und 5-Sterne-Hotellerie sammelte der Senior Consultant jede Menge Erfahrung im strategischen, betriebswirtschaftlichen Bereich. Seinen Schwerpunkt hat der ausgebildete Hotelfachmann auf die konzeptionelle und wirtschaftliche Beratung von Hotellerie und Gastronomie gelegt.