Vegane Küche im Care-Bereich

Dass veganes Essen in aller Munde ist, bezieht sich nicht nur auf die Gastronomie. Auch in zahlreichen Care-Einrichtungen spielt vegane Ernährung inzwischen eine große Rolle. Wie nehmen Patienten ein veganes Speisenangebot an? Wie funktioniert die Umstellung dahin? Wir fragten bei Heidi Lilienkamp von der Maternusklinik in Bad Oeynhausen, welche Erfahrungen sie gemacht hat und noch viele weitere, spannende Fragen. Seien Sie gespannt!

Heidi Lilienkamp Heidi Lilienkamp, Diätassistentin bei der Maternusklinik in Bad Oeynhausen

Seit wann bieten Sie ein veganes Speisenangebot an? Und warum haben Sie sich für ein veganes Angebot in Ihrer Einrichtung entschieden?

Wir bieten seit September 2021 vegane Mahlzeiten für unsere Patienten an. Die Gründe dafür waren vielfältig: Unter anderem haben wir uns ganz einfach aufgrund des Zeitgeists dafür entschieden. Vegane Ernährung ist schließlich kein kurzfristiger Trend, sondern Teil einer Entwicklung, die man mitgehen muss, wenn man auf der Höhe der Zeit agieren möchte. Zudem trug die coronabedingte Müdigkeit dazu bei, dass die Patienten immer unzufriedener wurden und sich einfach Abwechslung gewünscht haben. Gerade von jüngeren Leuten haben wir sehr häufig Anfragen zu veganen Mahlzeiten bekommen.

Eines muss ich aber schon einmal vorwegnehmen: Wir haben keine vegane Extra-Menü-Linie eingeführt. Wir haben die bereits vorher bestehende vegetarische Menülinie auf vegetarisch/vegan umgestellt. So haben wir nun insgesamt drei Menülinien in unserem Angebot: Vollkost, leichte Vollkost und vegetarisch/vegan.

Wie haben Sie das vegane Angebot in Ihre Küchenprozesse integriert? Mussten Sie etwas umstellen?

Erst einmal haben wir alle vegane Speisen selbst hergestellt und versucht, möglichst ohne Convenience-Produkte auszukommen. Dann ging es ans Experimentieren und Ausprobieren: Wir haben neue Rezepte ausprobiert, wir haben einen Teil des vegetarischen Angebots in ein veganes umgewandelt, tierische Produkte haben wir durch pflanzliche Produkte ersetzt. Das hat sehr gut funktioniert.

Bieten Sie das vegane Angebot regelmäßig oder temporär an?

Angefangen haben wir mit einer Testphase, indem wir von September bis Dezember 2021 die vegetarische Menü-Linie auf ausschließlich vegane Speisen umgestellt haben. Hier haben wir aber gemerkt, dass vielen Patienten doch etwas fehlte – beispielsweise Eier, Milch etc. Daher entschieden wir uns dazu, auch wieder vegetarische Gerichte ins Menü aufzunehmen. Seit Januar 2022 sieht unser Plan so aus, dass wir an vier Tagen in der Woche vegane Speisen und an drei Tagen in der Woche vegetarische Speisen anbieten.

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Wie werden Sie informiert, dass Patienten mit veganer Ernährung versorgt werden müssen?

Patienten bekommen zu ihrem Reha-Bescheid ein Anschreiben mit Rückantwort, in die sie ihre Allergien, Unverträglichkeiten und Ernährungsgewohnheiten eintragen können. Unsere Erfahrung zeigt: Wirklich viele Patienten schreiben, dass sie sich vegan ernähren möchten. Zudem nehmen die Patienten an Terminen mit mir als Diätassistentin teil, um das Verpflegungsangebot bei Allergien und Unverträglichkeiten zu besprechen.

Wie war das Feedback der Patienten und Mitarbeiter auf das vegane Angebot bisher? Nehmen auch Nicht-Veganer das vegane Angebot an?

Das Feedback ist sehr gut gewesen. Wir erleben immer wieder, dass auch Nicht-Veganer das vegane Angebot annehmen. Ich muss aber auch sagen, dass ich auch dafür werbe. Das heißt: Alle Patienten bekommen einen Vortrag von mir über gesunde Ernährung und das Verpflegungssystem. Hierbei gehe ich auf die Menü-Linien ein und mache Werbung für veganes Essen – insbesondere bei Menschen mit Fettstoffwechselstörungen und anderen ernährungsbedingten Erkrankungen, denen eine vegane Ernährung guttut.

Inwiefern macht sich das vegane Speisenangebot wirtschaftlich/preislich bemerkbar?

Zum Glück bleibt bei uns der Preis gleich – wenn nicht sogar bei manchen Gerichten etwas niedriger. Denn wie gesagt: Wir stellen viel selbst her.

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Welche Rolle spielen bei Ihnen frische Produkte, welche Rolle Convenience-Produkte?

Wir benutzen eindeutig mehr frische als Convenience-Produkte. Dennoch sind wir des Öfteren dankbar, dass es Convenience-Produkte gibt und versuchen auch, diese mit einzusetzen. Wir sind gerade z. B. dabei, Convenience-Produkte fürs Abendessen auszutesten und zu schauen, welche Möglichkeiten wir da haben, um das Abendessen abwechslungsreich zu gestalten.

Können Sie Ihre bisherigen Highlight-Gerichte nennen?

Unsere Highlight-Gerichte – übrigens wahre Highlights auch für Nicht-Veganer – sind das Moussaka mit Linsen und Auberginen sowie das Süßkartoffel-Curry mit Gemüse-Bulgur. Da isst auch das gesamte Personal jedes Mal mit.

Wie bekommen Sie neue Ideen für die vegane Linie? Wo und wie lassen Sie sich inspirieren?

Ein ganz dickes Lob an Ihre Ernährungsberaterin Iris Lindemann. Sie hat mich zu dem Schritt inspiriert, eine vegane Menülinie anzubieten. Auf ihre Empfehlung hin habe ich ein paar vegane Kochbücher durchgestöbert und ein paar Gerichte nachgekocht, die mich total begeistert haben. Diese Begeisterung habe ich dann mit in unsere Küche genommen.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung von veganen Angeboten in der Care-Branche ein? Und was würden Sie sich diesbezüglich wünschen?

Ich schätze die Entwicklung so ein, dass man mehr in Richtung frischer und nachhaltiger Einkauf gehen wird. Aber alles ist natürlich wirtschaftlich abhängig – je nachdem, was die Leute bereit sind, auszugeben. Convenience-Produkte sind häufig wirklich sehr gut. Dennoch muss man versuchen, möglichst frisch zu kochen. Wir müssen zurück zu den Wurzeln – back to the roots. Das lehrt uns momentan ja auch die gesamte Welt-Situation: Kommen wir zurück zum Wesentlichen. Regionalität und Saisonalität sind das A und O. Es muss ja nicht das gesamte Jahr über Erdbeeren geben.