Neuer EU-Leitfaden zu PRP und HACCP

Was Sie in Zukunft berücksichtigen sollten

Küchen beschreiben zukünftig auch ihre PRPs Zukünftig weisen Betriebe nicht nur CCPs, sondern auch PRPs aus

Wer froh ist, zu wissen, was genau ein CCP ist, darf sich jetzt mit dieser Frage beschäftigen: Was ist ein PRP? Mit dem EU-Leitfaden "PRP und HACCP" wurde ein neuer Begriff in die Runde geworfen. Dies hat zur Folge, dass Betriebe künftig nicht nur ihre CCPs beschreiben müssen, sondern auch ihre PRPs. Was genau damit gemeint ist, erklärt unser Experte Stefan Vornehm.

Was ist überhaupt ein PRP? Gemeint sind damit "Prerequisite Programs", was auf Deutsch übersetzt so viel bedeutet wie "Grundvoraussetzungen". Oft ist in diesem Zusammenhang auch die Rede von Basishygienemaßnahmen oder Präventivprogrammen. Der Leitfaden selbst sieht darin die Zusammenführung einer guten Hygiene- sowie einer guten Herstellungspraxis. Dadurch rücken Hygiene und Qualitätsmanagement enger zusammen.

Der EU-Leitfaden nennt 12 Beispiele für PRPs:

  1. Infrastruktur (bauliche Beschaffenheit und Technische Anlagen)
  2. Reinigung und Desinfektion
  3. Schädlingsprävention
  4. Technische Wartung
  5. Physikalische und chemische Kontamination
  6. Allergene Kontamination
  7. Entsorgung
  8. Kontrolle Luft und Wasser
  9. Personal
  10. Rohmaterial (Lieferantenwahl, Spezifikationen)
  11. Temperaturüberwachung Lager
  12. Arbeitsmethodik

 

Zu jedem Punkt gibt es beschreibende Ausführungen, so wird z. B. unter Punkt 10 "Rohmaterial" zu dem bekannten "FiFo"-Prinzip, welches für "first in, first out" steht, das weniger bekannte "FeFo"-Prinzip hinzugefügt. "FeFo" steht für "first expired, first out", was übersetzt so viel wie "zuerst abgelaufen" bedeutet. Letzteres ist sogar wichtiger als "FiFo", da es möglich ist, dass eine nachfolgende Lieferung eines bestimmten Artikels eine kürzere Haltbarkeit hat, als der vorher gelieferte. 

Klare und verständliche Arbeitsanweisungen an die Mitarbeiter sind Grundvoraussetzung Eine unkomplizierte Arbeitsmethodik spielt bei PRP ebenfalls eine große Rolle

Ein Beispiel für einen PRP, nämlich die "Arbeitsmethodik", ist besonders wichtig. Darunter versteht der Leitfaden, dass Arbeitsanweisungen "klar und einfach" gehalten werden sollen. Das betrifft besonders die QM-zertifizierten Betriebe, die häufig sehr komplizierten Arbeitsanweisungen nachgehen, weil sie formalen Vorgaben einer QM-Norm folgen.

Im Falle eines Krankheitsausbruchs spielen Arbeitsanweisungen eine wichtige Rolle. Nur wenn diese dem Personal ausgehändigt und alle Mitarbeiter geschult wurden, kann ein Betrieb seine Sorgfaltspflichten ausreichend nachweisen. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Arbeitsanweisungen verständlich sind. In der Praxis ist das leider oft nicht der Fall. Hier gibt es einen Interessenskonflikt zwischen Qualitätsmanagement und Lebensmittelsicherheit, den es zu lösen gilt.

Welche Neuerungen bringt der EU-Leitfaden noch?

  • Eine gute Übersicht über ein zeitgemäßes System der Lebensmittelsicherheit
  • Erläuterung, wie ein HACCP-Konzept definiert ist.
  • Klarstellung, dass es nicht ausreicht, nur CCPs beschrieben zu haben.
  • Flexibilität bei der Umsetzung von PRPs und HACCP-Grundsätzen: Dies ist besonders begrüßenswert, schießen doch so manche Kontrollinstanzen, wie Lebensmittelkontrolleure, Veterinäre oder QM-Auditoren, über das Ziel hinaus und fordern z. B. von Pflegedienstleitungen, ein HACCP-Konzept für Wohnbereichsküchen zu erstellen.
  • Verweis auf Leitlinien: Da das Lebensmittelrecht auf viele Bereiche anwendbar ist, beschränkt es sich zumeist auf Zielvorgaben, die für die betroffenen Anwender unkonkret sind. Aus diesem Grund ist es wichtig, auf Leitlinien zurückzugreifen, die deutlich bessere Informationen bieten.
  • Nationale Leitlinien, z. B. Leitlinie für eine gute Hygienepraxis in sozialen Einrichtungen oder DIN 10506 "Gemeinschaftsverpflegung"
  • EU-weite Leitlinien, z. B. Leitlinie für die Durchführung der europäischen Lebensmittelhygiene-Verordnung 852/2004
  • Codex-Alimentarius-Standard CAC/RCP 1-1969: Allerdings ist zweifelhaft, ob ein HACCP-Konzept nach dem Codex-Alimentarius Standard für Großküchen geeignet ist. Schließlich ist der Codex Alimentarius internationales Handelsrecht und bei der Beurteilung wird zunächst einmal das geltende Lebensmittelrecht herangezogen. 
  • ISO 22000 Internationale Norm für Lebensmittelsicherheit

Fazit zum neuen EU-Leitfaden

Der EU-Leitfaden "PRP und HACCP" wird künftig eine hohe Bedeutung erlangen. Es macht absolut Sinn, dass sich betroffene Betriebe damit beschäftigen, auch wenn die amtliche Lebensmittelkontrolle noch nicht nach PRPs fragt. Es ist jedoch die Frage, ab wann sie dies tun wird. Eine Frage wird lauten: "Welche PRPs haben Sie definiert?" 
Konkret müssen die Betriebe überlegen, ihre Dokumentation entsprechend zweigliedrig aufzubauen, nämlich in eine HACCP-Dokumentation und eine PRP-Dokumentation. Das Gute: Viele der PRPs sind im Betrieb umgesetzt, sie sind nur nicht als solche beschrieben.
 

Unser Autor Stefan Vornehm
Über unsere Autoren
Stefan Vornehm

Seit 1997 gibt Stefan Vornehm zu den Themen EU-Zulassungen, HACCP, Hygiene- und Qualitätsmanagement sein Wissen in der CHEFS CULINAR Akademie weiter. Seine Palette reicht von Inhouse-Schulungen zur Lebensmittelhygiene-Verordnung und Belehrungen nach Infektionsschutzgesetz über Seminare und Fachvorträge bis hin zur Ausbildung von HACCP- und Hygienebeauftragten.