Erholung und Perspektiven der deutschen Tourismusbranche
Die Tourismusbranche in Deutschland hat in jüngster Zeit eine Reihe von Turbulenzen durchlebt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie stellten die Branche vor beispiellose Herausforderungen – doch die jüngsten Daten zeigen Anzeichen einer beeindruckenden Erholung und Anpassungsfähigkeit. In diesem Kontext beleuchtet der folgende Artikel die aktuellen Trends, Zahlen und Perspektiven des Tourismussektors in Deutschland.
Entwicklung der Übernachtungszahlen in Deutschland im Jahr 2022
Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren als eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft etabliert. Laut dem Statistischen Bundesamt verzeichneten die Beherbergungsbetriebe in Deutschland im Jahr 2022 insgesamt 450,8 Millionen Übernachtungen – ein Anstieg von 45,3 Prozent gegenüber 2021. Diese Zahlen zeigen auf bemerkenswerte Art und Weise, wie schnell sich der Tourismus von Krisen erholen kann. Nach dem plötzlichen Einbruch durch die Corona-Krise im Jahr 2020 unterstreichen die jüngsten Zahlen die Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Branche. Trotz dieses Aufschwungs liegt die Zahl der Übernachtungen jedoch nach wie vor rund 9 Prozent unter dem Niveau von 2019. Es wird erwartet, dass die Zahlen in den kommenden Jahren das Rekordjahr 2019 übertreffen werden, da die Branche laufend innovative Strategien entwickelt, um sich an die stetig verändernden Gegebenheiten anzupassen.
Internationale Gäste kehren zurück
Einer der entscheidenden Faktoren für die Erholung der Branche: die Rückkehr internationaler Gäste. 2022 war die Zahl der ausländischen Reisenden bereits mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2021 – ein Zeichen dafür, dass Deutschland auf dem internationalen Markt weiterhin als attraktives Reiseland gilt. Die Rückkehr internationaler Gäste ist nicht nur ein Zeichen für das Vertrauen in die Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen Deutschlands, sondern auch ein Beweis für die Qualität und Vielfalt touristischer Angebote. Wichtig ist jedoch zu betonen, dass trotz dieser positiven Entwicklung die Zahlen von vor der Krise noch nicht wieder erreicht wurden. Vor allem die Nachfrage von Gästen aus dem wichtigen Quellmarkt China blieb im Jahr 2022 deutlich hinter den Erwartungen zurück, was auf die dortigen Restriktionen im Jahr 2022 zurückzuführen ist.
Ein weiterer wichtiger Indikator für die Erholung des Tourismus ist die Erholung des Passagieraufkommens auf deutschen Flughäfen. 2022 zählten die Flughäfen in Deutschland insgesamt rund 155 Millionen Passagiere – ein Zuwachs von 111 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. Interessanterweise legte der innerdeutsche Flugverkehr mit einem Passagierplus von 98 Prozent unterdurchschnittlich zu, während der Flugverkehr in und aus dem Ausland um knapp 112 Prozent stieg. Das deutet darauf hin, dass trotz der Erholung des Inlandstourismus die internationale Reiselust wieder zurückgekehrt ist. Grund dafür sind auch Nachholeffekte aus den Jahren 2020 und 2022, in denen Fernreisen nur eingeschränkt möglich waren.
Unterschiedliche Erholungsraten bei Unterkunftsarten
Die Pandemie hat das Reiseverhalten und die Vorlieben der Menschen verändert. Während die Nachfrage in der traditionellen Hotellerie (Hotels, Gasthöfe und Pensionen) trotz erheblicher Zuwächse noch rund 13 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019 lag, profitierten andere Unterkunftsarten stärker von der Erholung. Ferienunterkünfte und Campingplätze, die als kontaktarme Alternativen gelten, haben durch die Corona-Pandemie noch stärker an Beliebtheit gewonnen. Dieser Trend zeigt, dass die Menschen nach sichereren Reiseoptionen suchen und zum Teil auch die Selbstversorgung bevorzugen. Zudem weist es darauf hin, dass die Branche flexibel auf Veränderungen reagieren kann und bereit ist, sich an die neuen Bedürfnisse der Reisenden anzupassen. Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich diese Trends in den kommenden Jahren entwickeln und welche neuen Angebote am Beherbergungsmarkt entstehen werden.
Sommertourismus als treibende Kraft
Die Saisonabhängigkeit des Tourismus ist ein bekanntes Phänomen, doch die jüngsten Zahlen zeigen interessante Trends. Im August 2022 wurde ein neuer Rekordwert von rund 58 Millionen Übernachtungen in Deutschland erreicht, was die starke Nachfrage in den Sommermonaten unterstreicht. Ein treibender Faktor dieser Entwicklungen ist einerseits die Beliebtheit von Städtereisen während der Sommermonate, andererseits aber auch die hohe Nachfrage in der Ferienhotellerie. Es zeigt, dass der Sommertourismus eine wichtige Rolle bei der Erholung der Branche spielt und dass Investitionen in Sommerangebote und -besonders wichtig sind. Die Branche sollte diese Gelegenheit nutzen, um innovative Sommerangebote zu entwickeln und den Gästen einzigartige Erlebnisse zu bieten.
Spotlight: Berlin
2022 war für den Berliner Tourismus ein Jahr der Anpassung. Mit rund 26,5 Millionen Übernachtungen verzeichnete die Hauptstadt einen Zuwachs der Übernachtungen um 90 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2021. Berlin ist damit weiterhin mit Abstand Deutschlands größter Beherbergungsmarkt und eine der begehrtesten Städtereisedestinationen Europas – auch wenn die Anzahl der Übernachtungen rund 22 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liegt. Rund 38 Prozent der Übernachtungen stammen von Gästen aus dem Ausland. Zu den wichtigsten Quellmärkten zählen die USA, Großbritannien, Niederlande und Spanien. Das Bettenangebot stieg gegenüber 2021 um rund 4 Prozent bzw. rund 6.000 Betten. Im Vergleich zu anderen großen deutschen Beherbergungsmärkten erholt sich die Übernachtungsnachfrage etwas langsamer, was unter anderem auf die eingeschränkte Entwicklung der Fluggastzahlen am Flughafen BER zurückzuführen ist. Dennoch sind die Aussichten für Berlin positiv: Die wirtschaftlichen und freizeittouristischen Rahmenbedingungen in der Stadt sind zukunftsfähig und es wird erwartet, dass der Flughafen BER und das Tesla-Werk in Brandenburg die Geschäfts- und Freizeitreisen in den kommenden Jahren weiter ankurbeln werden.
Spotlight: Hamburg
2022 war für den Hamburger Hotelmarkt ein erfolgreiches Jahr. Die Performance zeigte, dass sich die Hansestadt gut von den Auswirkungen der Pandemie erholen konnte und wieder auf dem Weg zum Vorkrisenniveau ist. Die Anzahl an Übernachtungen verdoppelte sich mit plus 95 Prozent zu 2021 fast und mit rund 14,7 Mio. Übernachtungen verfügt Hamburg neben Berlin und München über Übernachtungszahlen im zweistelligen Millionenbereich. 2022 konnte Hamburg über 3 Mio. internationale Übernachtungen verzeichnen, was nur rund 19 Prozent unter dem Vorkrisenniveau 2019, im Vergleich zu anderen großen deutschen Beherbergungsmärkten aber auf einem eher niedrigen Niveau liegt. Mit einer durchschnittlichen Zimmerauslastung von rund 66 Prozent steht Hamburg im Ranking der Top-7-Städte (Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Dresden) an vorderster Front. Im Jahr 2022 verfügte die Stadt über 425 Beherbergungsbetriebe (plus 2 Prozent vs. 2021) mit ca. 77.000 Betten (plus 3 Prozent zu 2021). Die Zukunftsaussichten für den Hamburger Beherbergungsmarkt sind weiterhin sehr positiv. Die Stadt wird durch die attraktiven makroökonomischen Rahmenbedingungen sowie die vielfältigen Angeboten aus freizeittouristischer Sicht auch in den kommenden Jahren zu den beliebtesten deutschen Städtereisezielen zählen.
Positive Aussichten trotz globaler Herausforderungen
Die Zukunft des Tourismus in Deutschland sieht trotz der globalen Herausforderungen positiv aus. Trotz hoher Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt die Reiselust der Deutschen ungebrochen. Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen zieht es die Reisenden jedoch auch wieder verstärkt ins Ausland. Dies zeigt, dass die Menschen wieder bereit sind, zu reisen – und dass sie der Tourismusbranche vertrauen.
Handlungsempfehlungen
Die rasche Erholung des Tourismussektors nach der Pandemie hat die entscheidende Rolle von Innovation und Anpassungsfähigkeit der Branche unterstrichen. Um in diesem dynamischen Marktumfeld weiterhin erfolgreich zu sein, sollte die Tourismusbranche innovative Strategien entwickeln und ihre Angebote regelmäßig an neue Gegebenheiten am Markt anpassen. Ein besonderes Augenmerk sollte die Branche dabei auf den Sommertourismus legen, der sich als eine der treibenden Kräfte für den Sektor herausgestellt hat. Parallel dazu dürfen Hoteliers den Trend zur Digitalisierung nicht vernachlässigen. Eine Investition in fortschrittliche Technologie und digitale Plattformen ist unerlässlich, um den Gästen ein modernes und reibungsloses Reiseerlebnis zu bieten, das ihren wachsenden Erwartungen gerecht wird.