Vorweihnachtszeit im Kinderheim
Der Duft von frisch gekochtem Rotkohl liegt in der Luft, durchzogen von der würzigen Note der im Ofen knusprig bratenden Hähnchenschenkel. In der Küche des Kinderheims St. Annenhof in Kempen bereitet Küchenchef Dirk Wellmanns ein weihnachtliches Mittagessen vor und streut die letzten Gewürze in das Kartoffelpüree. Rund 100 Kinder werden hier Tag für Tag versorgt.
Gemeinsames Mittagessen als „Familienmoment“
Das Kinderheim legt viel Wert auf das gemeinsame Essen der Kinder. „Das Mittagessen ist für uns wie ein kleiner Familienmoment“, erklärt Wellmanns. „Hier können die Kinder in ihren Gruppen zusammenkommen, sich austauschen und über ihren Tag sprechen.“ Wellmanns kocht schon seit acht Jahren im St. Annenhof. Vorher hat er viele Jahre in der Gastronomie in Hotels und auf dem Schiff gearbeitet. Aber die Arbeit im Kinderheim ist eine ganz andere, erzählt er. Es gibt keine aufwendige Tellerdeko, keine Türmchen oder Schirmchen, dafür viel Interaktion mit den Kindern.
Ein offenes Ohr und Platz für Wünsche
„Mittags kommen die Kinder aus den verschiedenen Gruppen in die Küche, um sich ihr Essen abzuholen“, erzählt Wellmanns, während er das fertige Mittagessen in beheizte Warmhalteboxen füllt. „Da wird dann auch schon mal über das Basketballspiel am Wochenende geredet oder über eine bestandene Prüfung.“ Wellmanns nimmt sich jeden Tag bewusst Zeit für die Kinder. Für sie ist er mehr als nur der Koch; er ist ein Vertrauter, ein fester Bestandteil ihres Alltags.
Im St. Annenhof dürfen die Kinder auch ihre Lieblingsgerichte vorschlagen. Ein kleiner Briefkasten an der Küchentür macht es möglich: Hier landen die Lieblingsgerichte der Kinder – manchmal auch sehr ausgefallene, wie „Nudeln mit Vanillesoße“. Wellmanns schmunzelt: „Manche Dinge kann ich nicht umsetzen, aber mit dem Wunschbriefkasten zeigen wir den Kindern, dass ihre Wünsche gehört werden und ihre Stimmen zählen.“
Wie festliche Menüs auch mit wenig Budget gelingen
Heute soll das Mittagessen etwas Besonderes sein, etwas Weihnachtliches trotz des begrenzten Budgets. „Ente mit Klößen und Rotkohl wäre zu teuer, deswegen ersetzen wir die Ente durch Hähnchenschenkel und die Klöße durch Kartoffelpüree. So bleibt das Essen festlich und gleichzeitig kostengünstiger“, erklärt er. Diese Anpassungen erfordern Kreativität und ein gutes Gespür dafür, wie traditionelle Gerichte in einfacher Form umgesetzt werden können, ohne ihren Charakter zu verlieren – und dabei natürlich den Kindern gut schmecken.
Peter Fischer, Verwaltungsleiter und stellvertretender Einrichtungsleiter, ergänzt: „Es wäre sicherlich günstiger, einen Caterer zu beauftragen. Aber wir haben uns bewusst für eine eigene Küche entschieden. Das Essen ist uns wichtig, denn so können wir viel besser auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen.“
Mehr als nur Essen – wenn Kochen verbindet
Nach dem Mittagessen folgt oft ein ehrliches Feedback – manchmal direkt, manchmal mit einem Lächeln oder einer kleinen Geste. „Das Schönste ist für mich, wenn die Kinder mir sagen, dass es ihnen geschmeckt hat, mich umarmen oder mir etwas Selbstgebasteltes schenken. Das bedeutet mir mehr als jedes Trinkgeld im Restaurant“, sagt Wellmanns, während er lächelnd einen Brief von einem Kind in der Hand hält. Am beliebtesten sind bei den Kindern Gerichte wie Pommes mit Currywurst und Nudeln Bolognese. Einmal im Monat dürfen auch die Gerichte mal auf den Tisch. Insgesamt achtet Wellmanns darauf, dass es eine gute Mischung gibt: saisonale Gerichte und gesunde Zutaten stehen bei ihm im Fokus.
Die gemeinsamen Mahlzeiten im St. Annenhof sind weit mehr als nur eine Gelegenheit zum Essen. Sie schaffen Gemeinschaft, geben den Kindern Halt und stärken den Zusammenhalt.
Für Wellmanns steht jeden Nachmittag nach dem Kochen fest: Das Kinderheim will er nicht mehr verlassen. „Ich bin in meiner Karriere viel herumgekommen – aber hier im St. Annenhof fühle ich mich angekommen.“