Tradition trifft auf Moderne

Wie stehen Winzer zur jungen Generation – und umgekehrt?

dummy Cheers! Herrscht in den Weinbergen des Frankenlands Einigkeit?

Der Weinanbau ist ein uraltes Business, deren Ursprung bis ins 6 Jahrtausend v. Chr. zurückreicht. Und obwohl der Wein als solches erhalten geblieben ist, die Bedingungen beim Anbau haben sich stark verändert. Alte und auch neue Erkenntnisse über Klima, Bodenfeuchte, Lage und Rebsorte sind für einen Winzer extrem wichtig. Doch können und wollen Winzer der alten Schule von der nachwachsenden Generation lernen? Herrscht in den Weinbergen ein Mit- oder ein Gegeneinander? Und inwiefern wird das Endprodukt, der Wein, dadurch beeinflusst? Wir haben uns umgehört ...

Der Austausch unter Kollegen ist Christine Pröstler sehr wichtig Der Austausch unter Kollegen ist Christine Pröstler sehr wichtig

Auch wenn der Beruf "Winzer" romantisch klingt, beschaulich geht es in den Weinbergen nicht zu. Ganz im Gegenteil! Zwar muss niemand mehr seinen Weinberg mit Hacke, Spaten und Karst bearbeiten, doch auch mit den Schmalspurtraktoren ist die Arbeit vor allem eins: anstrengend – und zwar das ganze Jahr hindurch! Dabei spielt der Ehrgeiz, einen Wein zu kreieren, der bestenfalls ausgezeichnet wird, jedes Jahr aufs Neue eine große Rolle. Wie sieht es also hinter den Kulissen aus? Belebt Konkurrenzdenken das Geschäft oder ist freundschaftliche Unterstützung zwischen jungen und traditonellen Winzern angesagt?

Im beschaulichen Frankenland, zwischen den besten Lagen des Katzenkopfs, dem Benediktusberg und dem Escherndorfer Lump, bringt es Winzerin Christine Pröstler, die 2012 ihr eigenes Weingut in Retzbach eröffnete und als Jungwinzern des Jahres 2013 ausgezeichnet wurde, auf den Punkt: "Früher war man extrem engstirnig und oft nur auf sich bedacht, heute wird gegenseitige Unterstützung groß geschrieben. Jeder kann von dem anderen profitieren. Das Wichtigste ist der Austausch unter uns Winzerkollegen. Verkostet man zum Beispiel nur seine eigenen Weine, wird man schnell betriebsblind – eine Probe mit Kollegen oder inzwischen auch Winzerfreunden ist immer positiv und gewinnbringend!"

Winzer Horst Sauer ist stolz auf seine Tochter Sandra Dream-Team: Winzer Horst Sauer ist stolz auf seine Tochter Sandra

Auch Winzer Horst Sauer, der mit seinen 45 Jahren Berufserfahrung geradezu ein alter Hase im Wein-Business ist, möchte sich vor neuen Dynamiken und wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht verschließen. Gegenüber der nachwachsenden Generation positioniert er sich ganz deutlich: "Ich bin dankbar für jede gute Flasche Wein auf der Welt, da tragen die jungen Winzer einen ganz großen Anteil dazu bei." Neben seiner Tochter Sandra, die durch ihr Studium und ihren Australien-Aufenthalt "extrem viel Wissen mit ins Weingut gebracht hat", beschäftigt Horst Sauer 2 junge, gut ausgebildete Winzer auf seinem Weingut. "Ich bin total begeistert, dass es diese jungen Leute gibt, die unsere Branche ein bisschen aufmischen. Denn Innovation ist ganz wichtig beim Wein."

Eine Ansicht, die sich auch das Traditionsweingut Hans Wirsching auf die Fahne geschrieben hat. "Wenn wir uns den Weltmarkt anschauen, sind wir hier winzig. Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir an einem Strang ziehen. Deshalb ist es wichtig, dass die jungen Leute mit den erfahrenen, älteren Leuten zusammenarbeiten", ist sich Andrea Wirsching, die heute in der Verantwortung des alteingesessenen Familienbetriebs steht, sicher. Und Kellermeister Helmut Klüpfel vom Juliusspital Würzburg, dem zweitgrößten Weingut Deutschlands, führt an: "Tradition und Moderne müssen miteinander im Einklang sein. Die jungen Winzer können sich etwas von den Älteren abschauen und umgekehrt."

Familienzusammenhalt wird auf dem Weingut Max Müller groß geschrieben Familienzusammenhalt wird auf dem Weingut Max Müller groß geschrieben

Der Zusammenhalt spielt auch innerhalb der Winzerfamilien eine zentrale Rolle. Immer häufiger bleiben Weingüter im Familienbesitz; was der Großvater einst erschaffen hat, wird von den Enkeln mit Leidenschaft fortgeführt. So auch auf dem Weingut Max Müller. Der 33-jährige Christian Müller arbeitet im Weinberg und lässt seiner Kreativität im Keller freien Lauf, während Vater Rainer Müller sich um den Vertrieb kümmert. "Bei 180.000 Flaschen, die wir jährlich produzieren, kracht es natürlich auch mal", schmunzelt Christian Müller. "Allerdings hat jeder seinen eigenen Kompetenzbereich, sodass es im Allgemeinen ganz harmonisch abläuft!"

Zusammenraufen, weitermachen und voneinander lernen – ähnlich ist es auch bei Christine Pröstler, deren Vater sich mit seinen Erfahrungen im Weinstock beim Rebschnitt unbezahlbar macht. Dafür ist die Jungwinzerin experimentierfreudiger, wenn es um Spontangärungen, also den Verzicht auf Reinzuchthefen, geht. Wichtig ist es, sich weiterzuentwickeln, neue Gedanken zu finden und nicht stehen zu bleiben. "Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein", zitiert die 39-Jährige den Politiker Philip Rosenthal. Wahre Worte, die mit der Unterstützung aus den familiären Reihen noch besser klappt. Auf diesem Grundsatz fußt auch die Genossenschaft Winzerkeller Sommerach: 90 Familien schöpfen seit Jahrzehnten aus der Erfahrung von Jung und Alt – und das mit Erfolg, denn die Genossenschaft gehört zu einem der besten Weinerzeuger des Frankenlands. Vieles wird ausprobiert, Vielversprechendes integriert und Bewährtes fortgeführt – und das gemeinsam im Team. Denn das sich die Winzerfamilien gegenseitig helfen, ist selbstverständlich!         

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Kellermeister Helmut Klüpfel vom Juliusspital sieht in der Zusammenarbeit der Generationen viel Potenzial
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Familienangehörige helfen in den Weinbergen beim Rebschnitt
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Viele Winzer verderben den Brei? Von wegen! Der Winzerkeller Sommerach ist bekannt für seine erstklassigen Winzerfamilien
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Zusammen besitzen Vater und Tochter Sauer die geballte Wein-Kompetenz
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Viele Weine, viele Geschmäcker: das Weingut Max Müller setzt auf Vielfalt
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Christine Pröstler liebt es im Weinkeller zu experimentieren