Mitarbeiter für Sie im Einsatz
Amrums Anpacker
Ingo Bornemann ist einer der Inselfahrer von CHEFS CULINAR. Auch bei Wind und Wetter setzt er nach Amrum über – und sorgt dafür, dass es der Insel an nichts fehlt...
Nordfriesland schläft noch. Es ist dunkel, windig und kalt – aber die Fähre nach Amrum ist trotzdem voll. Es sind aber nicht die Touristen, die heute morgen Schlange stehen, sondern die guten Geister, die Frieslands Inseln lebendig halten. Handwerker mit ihren Transportern, große Lastwagen mit schwerem Baumaterial und Ingo Bornemann, einer der Inselfahrer aus dem Chefs Culinar-Standort im nahen Niebüll. „Moin!“, ruft uns Ingo wie ein freundlich brummender Bär entgegen. „Seid ihr wegen mir hier?“ Jep, sind wir! Was anderes zu sagen, würden wir uns auch gar nicht trauen, denn Ingo ist ein Riese! 1,93 groß, zwei Zentner schwer, Schuhgröße 48 und riesige Pranken. „Handschuhe brauch ich in Größe 13 bis 14“, sagt er und lacht. „Aber ich trag eigentlich nie welche!“ Am Steuer seines 10 Meter langen und 18 Tonnen schweren MAN sowieso nicht. Um ein paar Zentner Ware vom Lastwagen zu ziehen, möchte sich Ingo damit auch nicht aufhalten: „Das geht auch so!“
Schiffbruch beim Krabbenfischen
Auf der Fahrt nach Amrum erzählt uns Ingo aus seinem Leben. Wie er als Krabbenfischer aus Kronprinzenkoog mit dem Kutter mal umgekippt ist und um sein Leben laufen musste. Warum er als gelernter Tischler inzwischen mit Leib und Seele Berufskraftfahrer ist … – wobei: Das stimmt ja gar nicht! „Eigentlich bin ich Packesel mit Führerschein“, scherzt Ingo mit lachenden Augen. „Das erlebt ihr ja nachher. Aber wir haben heute nur fünf Tonnen Ware dabei, lohnt sich kaum!“ Anfang Oktober ist die Saison auf Amrum fast schon gelaufen. Bei Scholle’s Fischbuttze braucht man nicht mehr 800 Brötchen, sondern nur noch die Hälfte. „So kommen wir mit dem normalen Lkw aus“, sagt Ingo. „Im Sommer ziehen wir noch ’n Hänger mit rüber und dann geht es nicht um 5:30 Uhr los, sondern um viertel vor vier.“ Zwei Stunden mit der Fähre nach Amrum, nachher wieder zwei Stunden zurück, das macht den Tag lang. „Mir macht das nichts aus“, sagt Ingo. „Ich bin gern hier draußen unterwegs. Im Winter liegen da vorn auf der Sandbank die Kegelrobben und es gibt doch ’ne Menge Leute, die viel Geld bezahlen, um so was mal sehen zu dürfen!“ Kein Wunder, dass Ingo immer noch gern den Fotoapparat mitnimmt und im Sommer IMMER eine Badehose im Truck hat. Wenn das Wetter passt, die Tour gut lief und im Hafen nicht gerade Ebbe ist, geht Ingo baden. „Nur da vorn am Kniepsand, da muss man aufpassen! Die Strömung kann mit fünf Knoten an deinen Beinen ziehen und dann kommst du nicht mehr dagegen an!“
„Der ist einer von uns!“
Auf der Insel kennt man sich. „Der Ingo, das ist einer von uns“, sagen die Insulaner. Man kennt sich und hilft einander, um die Ware direkt ins kleine Kühllager hinter der Gartenterrasse räumen zu können. Ingo macht das gern. „Sind doch nur zwei Schritte mehr“, sagt der sanfte Riese lächelnd und schnappt sich gleich vier große Eimer. Mayonnaise und Remoulade – was man halt so braucht, wenn man an guten Tagen gleich ein paar Hundert Fischbrötchen servieren darf. Ingo und die Einheimischen – inzwischen ist das eine Lovestory. Wenn er sich mit dem zehn Meter langen Kühl-Lkw durch Nebels enge Gassen schlängelt, grüßen die Einheimischen, während die Touris grummeln. „Hat aber gedauert“, sagt Ingo. „Nach den ersten vier Wochen hätt ich mir nicht vorstellen können, das länger zu machen. Ich mein: Inselfahrer sein – das muss man mögen.“ Inzwischen aber ist er zwölf Jahre dabei und „will nie wieder was anderes machen!“
Sturmfest und verwurzelt
Zu Ingos Job gehört es, auch mal den einen oder anderen Sturm auszuhalten. Und das ist wörtlich zu nehmen. „Als Xaver und Christian hier durchs Watt geblasen haben, sind wir auch gefahren“, erinnert sich Ingo. „Aber wir mussten zwei Stunden vor Amrum auf offener See warten, weil wir einfach nicht anlegen konnten, so hat das gestürmt!“ Zurück ging es an dem Tag nicht mehr – aber auf Amrum ist das kein Beinbruch. „Du wirst hier gut versorgt. Abendessen, ein Bett für die Nacht: Das stellen einem die Kunden an solchen Tagen gern mal zur Verfügung! Und manchmal entwickeln sich daraus dann wirklich schöne Abende!“ „Hallo Ingo!“, ruft derweil Küchenchef Karsten Nützel aus dem Nordseeheim der Wilmersdorfer. „Zwei Kaffee?“ „Lieber ’ne Cola“, sagt Ingo und springt behände auf die Laderampe. Drei große Rollwagen hat er für Karsten dabei, kiloweise rutschen gleich die Nudeln, Kartoffeln, Müsliriegel, Aufschnitt-Pakete und Milchtüten über zwei lange Bretter in den Keller. „Das macht es leichter“, sagt Ingo und schmunzelt.
Von Karsten und seinen Kollegen an den anderen Abladestellen – bis zu 30 sind es im Sommer an einem
Tag – hat Ingo nicht nur die Adressen und Bestellungen im Bordcomputer, sondern auch die privaten Handynummern. „Die Gastronomen hier halten zusammen. Wenn einer mal keine Krabben mehr hat, leiht ihm ein anderer welche und wir gleichen das am nächsten Tag dann wieder aus. Der eine bestellt’s, der andere kriegt’s. Kann man alles möglich machen hier auf Amrum.“
Fähre weg – egal!
Noch schnell ’ne Marlboro zum Kaffee mit Karsten, dann geht es auch schon weiter. Am Leuchtturm und der Mühle vorbei, kurzer Stop (zwei Rollwagen) beim Honigparadies, weiter zu Gundt’s Café und dann im engen Bogen wieder zurück nach Wittdün. Leergut einsammeln. Mit der Zwölf-Uhr-Fähre wird es heute nichts mehr, ist aber auch nicht schlimm, so bleibt noch eine Stunde Zeit für ’ne Cola in der Strandbar Seehund am Kniepsand. „Ist einer meiner Lieblingsplätze auf der Insel“, sagt Ingo. „Letzte Woche hättet ihr da sein müssen! Da waren Seehundstage! 630 Kilo Muscheln hat er gekriegt und nach einem Wochenende waren die alle weg. Aber so muss es ja auch sein, oder?“