Ernährung bei Kau- und Schluckstörungen
Schluckstörungen – auch Dysphagie genannt – kommen bei vielen Krankheiten vor und sind weit verbreitet. Obwohl dies bekannt ist, ist die Versorgung mit ausreichenden Nährstoffen in vielen Fällen allerdings noch immer nicht gewährleistet. Erfahren Sie in diesem Artikel, warum das so ist, was betroffene Einrichtungen sowie Küchen tun können und in welchen unserer Seminare Sie noch mehr Infos bekommen!
Das macht die Ernährung bei Dysphagie so schwierig
Die Bedürfnisse und der Bedarf der zu Verpflegenden liegen häufig weit auseinander. Oft erschwert die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Bereiche eine optimale Verpflegung. Einmal eingespielte Arbeitsabläufe sind im Alltag schwer zu entzerren. Doch teilweise fehlt es auch schlicht und ergreifend an ausreichend guten Küchengeräten, die es erleichtern würden, pürierte oder passierte Kost in der erforderlichen Menge herzustellen.
Das Hauptproblem: In einigen Einrichtungen gibt es nicht einmal ein einheitliches Dysphagie-Management. Das heißt, dass die unterschiedlichen Stufen der einzelnen Kostformen nicht definiert sind. Passiert ist eben nicht gleich püriert. Darüber hinaus gibt es auch die zwei Stufen der adaptierten Kost und der teiladaptierten Kost. Ein Beispiel für eine teiladaptierte Mahlzeit wäre z. B. eine weiche Fleischkomponente zum Mittagessen. Adaptiert wäre dagegen sehr weich gekochtes Gemüse wie Blumenkohl und Kartoffelpüreeoder oder auch Haschee. Doch was passiert stattdessen häufig? Patienten bekommen einfach alle Mahlzeiten in pürierter Form. Hinzu kommt, dass oft keine logopädische Unterstützung vorhanden ist, um das Schlucken wieder zu lernen. Um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Bereiche zu optimieren und Verständnis für die Probleme der einzelnen Bereiche zu wecken, lohnt es sich, mit gemeinsamen Workshops zu arbeiten.
Unser Rat an die Einrichtungen
Gemeinsam ist man stark – das gilt auch hier: In interdisziplinären Arbeitsgruppen lassen sich die verschiedenen Mahlzeiten und Ernährungsformen von unterschiedlichen Seiten beleuchten, etwa zu den Themen Produktion, Transport, Geschirr, Verabreichung, etc. Besonders wichtig ist auch, die einzelnen Kostformstufen im Verpflegungskonzept eindeutig zu beschreiben und zu definieren. Darüber hinaus ist es wichtig, die Ess-Biographie der Tischgäste zu kennen und zu berücksichtigen. Denn auch, wenn sich die Einrichtungen viel Mühe mit nährstoffangereicherten Mahlzeiten geben – bei den Bewohnern kommen diese nicht immer gut an. Daher ist es hilfreich, zu wissen, wer sich früher wie zu Hause ernährt hat und was seine Vorlieben sind. Täglich Grießbrei und Pudding sind letztlich nicht jedermanns Sache.
Und mit Nährstoffen angereicherte Mahlzeiten sind schön und gut – wenn der Bewohner sie nicht essen möchte, bringt der ganze Aufwand nichts. Die Vorlieben der Menschen müssen daher berücksichtigt werden, um die Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Gestalten Sie das Angebot möglichst bunt, abwechslungsreich und jahreszeitlich abgestimmt – und präsentieren es ansehnlich auf dem Teller. Damit haben Sie die Bewohner, die Angehörigen und die Pflege auf Ihrer Seite.
Frühstück und Abendessen brauchen mehr Aufmerksamkeit
Das Mittagessen wird in vielen Einrichtungen inzwischen so zubereitet, dass die Bedürfnisse und der Bedarf der Bewohner gedeckt werden. Die Bewohner können selbst wählen, welche Menüs oder welche Komponenten sie püriert haben möchten – sogar bei Salat ist das inzwischen gang und gäbe. Anders sieht es beim Frühstück und Abendessen aus: diese Mahlzeiten sind oft langweilig, nährstoffarm und ballaststoffarm. Breie und Milchsuppen sind schließlich nicht alles. In unseren Inhouse-Seminaren entscheiden wir anhand der verfügbaren Geräte, welche Gerichte sich als pürierte Kost eignen. Und dann gilt es, möglichst bunte und vielfältige Mahlzeiten zu kreieren. In der Verpflegung von Menschen mit Kau- und Schluckstörungen fehlt eine Nährstoffgruppe besonders oft: Ballaststoffe.
Frühstück
Um das Frühstück bunt und mit reichlich Ballaststoffen zu gestalten, schafft besonders Obst eine tolle Abhilfe: es kann im frischen Zustand püriert und wenn nötig zum Teil auch mit Konservenobst gemischt werden. Für die Extraportion Ballaststoffe einfach die Schale dranlassen – sie wird ja sowieso mitpüriert und liefert wertvolle Nähr- und Ballaststoffe (nicht essbare Schalen wie von Bananen, Kiwis und Zitrusfrüchten natürlich ausgenommen). Ein weiterer toller Ballaststoff-Lieferant ist Getreidebrei – ob aus Hirse, Buchweizen oder Haferflocken, hier sind keine Grenzen gesetzt. Soll das Frühstück eher herzhaft statt süß sein, ist es möglich, püriertes Vollkornbrot im Glas mit einem Gemüse-Frischkäse-Aufstrich anzubieten. Angereichert mit Oliven - oder Leinöl und voila – alle notwendigen Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe sind leicht verzehrbar verarbeitet. Um auf die Wünsche der Bewohner einzugehen, ist es wichtig, dass die Köche mit den Bewohnern sowie dem Personal das Speisenangebot besprechen und Feedback einholen.
Abendessen
Frühstück und Abendessen sollten zusammen gut die Hälfte der Nährstoffaufnahme decken. Zum Abendessen kann die Küche daher z. B. eine kräftige, pürierte Gemüsesuppe anbieten – angereichert mit wertvollem Olivenöl und etwas Frischkäse. Oft wird an mehreren Tagen hintereinander dieselbe Milchsuppe angeboten – das muss wirklich nicht sein. Abhilfe schafft hier ein Brei- oder Suppenplan, der eine gute Übersicht und Abwechslung bringt. In manchen Einrichtungen gibt es sogar einen Brotaufstrich-Plan fürs Abendessen. So ist Abwechslung zwischen Käse, Fleisch und Fisch garantiert. Möglich ist es auch hier, vegane Alternativen wie Hummus oder Ähnliches anzubieten. Und Suppen lassen sich hervorragend variieren – von kalt über warm. Im Sommer lässt sich auch hervorragend etwas Erfrischendes wie z.B. ein pürierter, angedickter Tomaten- oder Gurkensalat anzubieten. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, immer mal etwas Neues auf den Teller zu bringen. Bedenken Sie: Die Wünsche der Bewohner ändern sich – individuell abhängig von Gesundheitszustand, Geschmack und Alter.
Was gibt's Neues?
Wenn Sie tiefer in das Thema „Ernährung bei Kau- und Schluckstörungen“ einsteigen möchten und detaillierte Hilfestellungen für Ihre eigene Einrichtung bekommen möchten, besuchen Sie unser Seminar Verpflegung bei Kau- und Schluckstörungen. Oder holen Sie sich unsere Fachkräfte für ein gemeinsames Inhouse-Seminar vor Ort in Ihre Einrichtungen!
Den aktuellen Stand der Ernärungs- und Handlungsempfehlungen zum Thema Dysphagie erfahren Sie in der Leitlinie für Ernährung in Klinik und Praxis (kurz LEKuP) und der International Dysphagia Diet Standardisation Initiative (kurz IDDSI). Im Folgenden haben wir ein paar Informationen für Sie zusammengestellt.
Leitlinie für Ernährung in Klinik und Praxis (LEKuP)
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es aktuell vier Stufen der Dysphagie-Kost, Getränke inbegriffen. Für die Erstellung hauseigener Verpflegungskonzepte dient inzwischen der LEKuP – die Leitlinie für Ernährung in Klinik und Praxis. Ziel des LEKuP ist es, einen gemeinsamen, evidenzbasierten Leitfaden für die praktische Ernährungstherapie anzubieten. Darauf aufbauend können Pflegeeinrichtungen ihren Kostform-Katalog erstellen. Der LEKuP basiert auf den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr eines Erwachsenen. Die Vollwertkost nach den Empfehlungen der DGE wird als Grundkostform angesehen. Davon werden Ernährungsempfehlungen für verschiedene Krankheiten wie z. B. der Dysphagie-Kost abgeleitet und ihre verschiedenen Stufen definiert. Es ist also sinnvoll, sein Verpflegungskonzept oder seinen Diätkatalog zu überarbeiten und anzupassen. In unserem Seminar LEKuP gehen wir näher auf dieses Thema ein.
International Dysphagia Diet Standardisation Initiative (IDDSI)
Schon im Jahr 2013 wurde die International Dysphagia Diet Standardisation Initiative (kurz: IDDSI) gegründet und 2019 aktualisiert. Ziel der Initiative ist es, eine global einheitliche Terminologie und Definition zu entwickeln, um texturadaptierte Lebensmittel und Flüssigkeitsstufen zu beschreiben. Hierzu bietet die Initiative Beschreibungen und einfache Messmethoden an, um die Konsistenz der Speisen und Flüssigkeiten zu bestimmen. Weltweit gibt es bereits Referenzgruppen, die die IDDSI-Handlungsempfehlungen umsetzen – unter anderem unsere Nachbarn Dänemark, Österreich und die Niederlande. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich die Handlungsempfehlungen auch bei uns in Deutschland durchsetzen. Mit dem Thema werden sich Heime in absehbarer Zeit also auseinandersetzen müssen. Mehr Informationen finden Sie auf der Website von IDDSI.
Wenn es um Themen wie Hygiene, Krisenmanagement, passierte und pürierte Kost oder vegane Ernährung geht, ist Martina Walter-Kunkel sofort zur Stelle. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung – sowohl in der Praxis, als auch in der Theorie – ist sie eine echte Expertin auf vielen Gebieten. Seit 2010 steht sie nun der CHEFS CULINAR Akademie zur Seite und hilft mit ihrem großen Erfahrungsschatz und ihren speziellen Kenntnissen in der Seniorenverpflegung, der Schulverpflegung und im Bereich der vollwertigen, vegetarischen und veganen Ernährung.
Iris Lindemann ist Beraterin mit Herz und Seele. Schon seit 25 Jahren gehört sie zur CHEFS CULINAR Akademie und kennt sich bestens im Gebiet der Ernährung für Senioren und der Organisation in Pflegeheimen aus. Darüber hinaus gibt sie ihr Wissen in den Bereichen Kita- und Schulverpflegung, Allergien, Intoleranzen und Allergenmanagement weiter.