Schnittstelle oder Zerschnittstelle?

Faktoren erfolgreicher Zusammenarbeit über Schnittstellen hinweg

Wer im Team zusammenarbeitet, sollte nicht nur seine eigenen Aufgaben sehen – sondern das große Ganze betrachten Bei der Arbeit im Team sollten Sie immer das große Ganze im Blick behalten

Arbeitsteilung ist seit langer Zeit der Schlüssel zu effizientem Arbeiten und der sich dadurch ergebenden gesteigerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in allen Bereichen. Der Mehrwert auf der einen Seite kann aber auf der anderen einen hohen Tribut fordern: Der Fokus der einzelnen Mitarbeiter beschränkt sich auf den eigenen Anteil. Diese Froschperspektive verhindert schnell einen verantwortungsvollen Beitrag am gesamten Prozess.

Ein Beispiel: Die Küche produziert das Essen und stellt es mit perfekter Temperatur an den Übergabepunkt. Der Hol- und Bringdienst transportiert es zeitverzögert zum Übergabepunkt auf der Station. Dort wird es von der Pflege abgeholt und den Patienten oder Bewohnern serviert.

Wenn in so einem Fall jeder nur auf seinen Anteil am Prozess schaut, ist das Risiko hoch, dass sich an den Schnittstellen deutliche Verzögerungen ergeben. Der Gast bekommt dann unter Umständen ein kaltes Essen. Zwar hat jeder seinen Job gemacht, trotzdem besteht Optimierungsbedarf.

Es werden 4 potenzielle Defizite deutlich:

  1. Es besteht kein Überblick über die gesamte Prozesskette von der Produktion bis zum Gast.
  2. Es gibt kein selbstverpflichtendes Verantwortungsgefühl für den Mehrwert des Gastes.
  3. Es werden keine Absprachen getroffen, die die verantwortungsvolle Übergabe an die nachfolgenden Kollegen der nächsten Abteilung so regeln, dass danach auch gehandelt wird.
  4. Anstatt Fehler zur Prozessverbesserung zu nutzen, wird anderen die Schuld zugewiesen.

Wie Zahnräder sollten einzelne Schnittstellen ineinander greifen Wie Zahnräder sollten einzelne Schnittstellen ineinander greifen

Königsdisziplin Prozesskultur

Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied: Aus dieser Weisheit folgt, dass eine Schnittstellenkultur immer nur dann gut funktionieren kann, wenn sie im ganzen System verankert ist. Dafür ist es notwendig, dass sich alle Beteiligten in einen gemeinsamen Entwicklungs- und Übungsprozess begeben.

Dieser Prozess beginnt mit dem Verzicht auf gegenseitige Schuldzuweisungen. Fehler sollten als nützlicher Hinweis auf Lern- und Entwicklungspotenzial gesehen werden.

Wenn man bei auftretenden Schnittstellenproblemen genau hinschaut, wird man häufig entdecken, dass es keine deutlichen Absprachen gab. Oft wird über einen Prozess gesprochen, aber am Ende versäumt, das Besprochene in einer eindeutigen Absprache festzuhalten. Das führt schnell zu ungeklärten Grauzonen zwischen Schnittstellenpartnern.

Mit guten Absprachen wird – im Gegensatz zu unverbindlich gehaltenen Gesprächen – persönliche Verantwortung erzeugt. Diese ist eine belastbare und vor allem auch einklagbare Grundlage für ein konstruktives Handeln über Schnittstellen hinweg. Echte Verantwortung schafft eine innere Beziehung zur abgesprochenen Tätigkeit, bildet Loyalität und ist idealerweise auf den Gast ausgerichtet.

Wenn sich diese Loyalität nicht nur auf die eigene Leistung bezieht, sondern den gesamten Prozess vom Anfang bis zum Ende umfasst, dann stellt sich der Überblick über den gesamten Prozess ein. In dieser Vogelsperspektive kann jeder seinen Beitrag im Kontext der anderen Beiträge sehen und einordnen. Das erleichtert die Übergabe und Übernahme der Prozesse an den Schnittstellen und macht den gesamten Prozess leichter, weil das Frust-Potenzial deutlich reduziert ist. Man ist angekommen in einer echten Prozesskultur.

Fazit

Es gibt 4 Fragen, die es ermöglichen, sehr genau festzustellen, wo man selbst in einer Prozesskultur steht:

  1. Arbeiten wir über unsere Schnittstellen hinweg konsequent auf der Basis eindeutig geklärter und entschiedener Absprachen?
  2. Nutzen wir an den Schnittstellen unsere Fehler konsequent zum Lernen?
  3. Gelingt es, dass alle mit einem hohen Maß an gelebter Verantwortung zusammenarbeiten?
  4. Arbeiten die Menschen in einer Froschperspektive nur auf ihre eigene Leistung fokussiert zusammen oder hat jeder den Überblick über den gesamten Prozess?

Am Anfang steht der Frust über eine schwache Leistung, die der Gast erlebt. Mit Ehrlichkeit zu sich selbst und einem etwas schärferen Blick in den Spiegel werden sich die fehlerhaften Stellen finden lassen. Das Ziel ist eine gesunde Prozesskultur mit den Zutaten Klären, Entscheiden, Absprechen, verantwortlich Umsetzen und Lernen.

CHEFS CULINAR Berater Ulrich Pütz gründete 1998 mit 2 Partnern das Unternehmen Trialog.
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Ulrich Pütz

Wie lassen sich Konflikte professionell managen? Was macht eine erfolgreiche Kommunikation aus? Für solche Fragen ist Ulrich Pütz der perfekte Interviewpartner, schließlich befasste er sich in verschiedenen Ausbildungen mit Organisationsentwicklung, Konfliktmanagement und Coaching. Seit dieser Zeit ist sein Hauptarbeitsfeld die Entwicklungsberatung sowohl für Organisationen als auch Einzelpersonen. 1998 gründete er mit 2 Partnern das Unternehmen Trialog.