Bußgeld oder Strafverfahren
Vielen Mitarbeitern ist nicht klar, dass sie für Fehlverhalten haftbar gemacht werden können
Jeder Verantwortliche kennt diese Situation: Das Personal ist geschult, es gibt klare Arbeitsanweisungen – und trotzdem handeln nicht alle Mitarbeiter regelkonform. Beispiel: Ein Mitarbeiter verwendet in der Küche eines Betriebes abgelaufene Lebensmittel, obwohl es eine schriftliche Arbeitsanweisung der Küchenleitung gibt, dass diese Lebensmittel entsorgt werden müssen. Dadurch erkranken einige Tischgäste an Brechdurchfall. Für Hygienefragen ist im Haus eine Hygienebeauftragte zuständig. Wer wird nun zur Verantwortung gezogen – der Mitarbeiter, die Küchenleitung, die Hygienebeauftragte oder der Betrieb? Und wie sieht das aus – muss man mit einer Ordnungswidrigkeit, also einem Bußgeld, oder sogar mit einem Strafverfahren rechnen?
Wann ist der Mitarbeiter verantwortlich?
Der Mitarbeiter als konkret handelnde Person rückt natürlich zuallererst in den Mittelpunkt des Interesses. Eine Ordnungswidrigkeit kommt in Betracht, wenn er fahrlässig gehandelt hat; bei Vorsatz wird ein Strafverfahren eingeleitet. Es ist also jederzeit denkbar, dass ein Mitarbeiter vor Gericht zur Verantwortung gezogen wird. Das war früher anders: Damals standen in der Regel die Küchenleitungen im Fokus.
Wann kommt die Küchenleitung mit ins Spiel?
Die Küchenleitung wird dann zur Verantwortung gezogen, wenn sie ein Organisationsverschulden nach §130 OWiG – Ordnungswidrigkeitengesetz – begangen hat. Zur Organisationspflicht einer Führungskraft gehören folgende Maßnahmen:
- Auswahl der Mitarbeiter unter Berücksichtigung der fachlichen und persönlichen Eignung
- Sachgerechte Organisation des Betriebes mit einer klaren Aufgabenverteilung
- Schulung – Aufklärung, Belehrung und Instruktion – der Mitarbeiter
- Überwachung der Mitarbeiter mit Einschreiten bei Fehlverhalten
- Androhung und Vollzug von Sanktionen, z. B. Ermahnungen, Abmahnungen, Kündigungen
Im Fall eines Organisationsverschuldens handelt es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit. Ein Strafverfahren kommt nur dann in Betracht, wenn der Tatbestand des Unterlassens zutrifft, die Küchenleitung also bei Wissen und vollem Bewusstsein über die Folgen den Mitarbeiter nicht an seiner Tat gehindert hat.
Hat die Geschäftsführung auch etwas damit zu tun?
Am gleichen Strang ziehen
Das gemeinsame Ziel sollte immer das Wohl der Tischgäste sein
Ohne eine enge Zusammenarbeit der ganzen Führungsebene im Tagesgeschäft wird die Absicherung nicht gelingen. Wenn eine Küchenleitung das Fehlverhalten eines Mitarbeiters durch eine Abmahnung sanktionieren will, die Geschäftsführung aber beide Augen zudrückt, dann kann das ein falsches Signal an die Mitarbeiter senden. Denn wenn der Eindruck entsteht, dass Regelverstöße keine Konsequenzen nach sich ziehen, dann können auch andere Mitarbeiter anfangen, gegen das Regelwerk zu verstoßen. Wird hingegen schnell und entschlossen reagiert, dann wird jedem im Unternehmen klar, dass die Beachtung der betrieblichen Regeln notwendig ist – nicht nur für sich oder den Chef, sondern um die Gesundheit der Tischgäste zu schützen.
Fazit: Wird im Betrieb eine Lebensmittelinfektion ausgelöst und es kommen Menschen zu Schaden, dann können alle Personen, vom „kleinen“ Mitarbeiter bis zum „großen“ Geschäftsführer, zur Verantwortung gezogen werden. Dabei gilt die sogenannte „differenzierte Stufenverantwortung“ – jeder ist für die Umstände verantwortlich, die in seinem Einflussbereich liegen.