Vornehme Zurückhaltung ist die größte Stärke der gleichnamigen Zutat. Denn geschmacklich hält sich das weiße Pulver gerne im Hintergrund. Trotzdem ist sie häufig unentbehrlich: Ohne sie würde unser Essen ganz schön ins Schwimmen kommen!
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Geschichte
Für technische Zwecke war Stärke schon bei den alten Ägyptern im Einsatz: Auf Papyrusblättern fanden Wissenschaftler Spuren eines Klebstoffes, der aus dem weißen Pulver hergestellt wurde. Auch die Römer sowie andere europäische und orientalische Kulturen nutzten eine derartige Technik zum Leimen ihrer Dokumente. Doch die Gewinnung von Hand war mühsam und versprach nur eine geringe Ausbeute.
Erst durch die Erfindung von geeigneten Maschinen, etwa Zentrifugalmaschinen, war die Herstellung von Stärke im größeren Stil möglich. Den Grundstein für eine groß angelegte Stärke-Industrie legte schließlich Holland im 16. Jahrhundert. Experten nehmen an, dass bis zum 18. Jahrhundert in erster Linie Weizen als Rohstoff genutzt wurde. Später kamen in Europa dann auch Kartoffeln hinzu, während man in den USA überwiegend Mais nutzte. Heute wäre die Lebensmittelindustrie ohne das weiße Pulver verloren – als Bindemittel findet es sich in fast jedem Fertiggericht. Doch auch in der Küche schätzt man die Fähigkeiten der Stärke.
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Herstellung
Um den Pflanzen ihre Stärke zu entlocken, sind aufwändige Verfahren nötig. Meistens erfolgt die Gewinnung durch Wasch- und Schlämmprozesse. Sie variieren je nach Art der Stärkequelle.
Zur Gewinnung von Kartoffelstärke beispielsweise werden die Erdäpfel gereinigt und mit Sägeblattreiben zu einem feinen Brei zerkleinert. Ziel ist es, möglichst viele Zellen der Kartoffel zu zerstören, damit die Stärkekörner ausgewaschen werden können. Rotierende Siebe fischen grobe Schalenbestandteile heraus. sodass nur noch Stärke und Fruchtwasser übrig sind. Filter trennen die Stärke von der Flüssigkeit; Stromtrockner reduzieren den Feuchtigkeitsgehalt des Endprodukts.
Mais wird zur Gewinnung seiner Stärke in Wasser mit Zusätzen von Schwefel oder Salzsäure eingeweicht. Während seines Bades quellen die Körner stark auf. Zahnscheibenmühlen entkeimen die Körner und vermahlen sie zu einem feinen Brei. Siebe befreien nun die Stärkemilch von den groben Fasern. Im sogenannten Separator nutzt man die verschiedene Dichte von Stärke und Protein, um beide Bestandteile zu trennen. Die Stärkemilch wird raffiniert und in einer Zentrifuge entwässert. In Stromtrocknern darf die Stärke zum Schluss trocknen.
Bei der Gewinnung von Weizenstärke nutzt man unter anderem das Sauerverfahren. Hierzu wird der Weizen in Wasser eingeweicht und zwischen Walzen zerquetscht. Unter Zusatz von Essig- und Milchsäure löst sich der Kleber aus dem Korn. In einer siebartigen Waschtrommel wird die Stärke abgeschieden. Nun lässt sich diese reinigen und trocknen.
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Familie & Arten
Die weltweit am häufigsten angebauten Stärkepflanzen sind Kartoffeln, Mais und Weizen. Neben den drei Klassikern gibt es auch noch exotische Varianten: Sago wird ursprünglich aus dem Mark der Sagopalme hergestellt. Doch heute nutzt man auch andere tropische Pflanzen als Rohware. Tapioka stammt aus der getrockneten Maniokwurzel und kommt in kleinen Kügelchen daher. Auch aus Reis lässt sich Stärke gewinnen. Der wissenschaftliche Name der Stärke ist Amylum.
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Merkmale
Stärke ist das wichtigste Kohlenhydrat in der menschlichen Ernährung. Der Pflanze dient sie als Energiereserve. Während der Photosynthese stellt sie Glukose her. Um diese besser speichern zu können, bringt sie sie in eine unlösliche Form. In kleinen Kügelchen kann sie so platzsparend verstaut werden. Man findet Stärke in den Knollen, Wurzeln und Zwiebeln ebenso wie in den Samen von Pflanzen.
Für Chemiker ist Stärke ein Mehrfachzucker, auch Polysaccharid genannt. Das bedeutet, dass sie sich aus vielen verketteten Einfachzuckermolekülen zusammensetzt. Der menschliche Körper kann sich die Energie der Stärke zunutze machen, indem er sie während der Verdauung in kleinere Zuckereinheiten aufspaltet.
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Verwendung
Stärke ist geruchlos und geschmacksneutral und daher eine Art Chamäleon in der Küche. Sie kommt als Binde- und Verdickungsmittel dort zum Einsatz, wo flüssige Lebensmittel ein bisschen mehr Substanz benötigen. Unter Hitzeeinwirkung kann sie ein Vielfaches ihres Eigengewichtes an Wasser physikalisch binden. Sie quillt auf und verkleistert, das Gemisch verdickt sich.
Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich Stärke perfekt zum Abbinden von Suppen, Puddings und Grützen oder Saucen. Damit sie beim Einrühren nicht verklumpt, muss sie immer erst mit kalter Flüssigkeit angerührt werden. Dann gibt man sie unter ständigem Rühren zur Speise, die dann noch 2–3 Minuten kochen darf. Beim Kochen wird das weiße Pulver glasig und transparent.
Auch beim Backen kommt Stärke zum Einsatz: Ersetzt man mit ihr einen Teil des Mehls, macht sie zum Beispiel Kekse schön mürbe; Rührteig wird durch sie feinkrümelig und sandig. Einige Kuchenfüllungen, zum Beispiel die des Käsekuchens, gelingen nur mit 1–2 Esslöffel Speisestärke - ohne sie fehlt der cremigen Masse die nötige Standkraft.
In der Industrie gewinnt man aus Stärke verschiedene Zuckerstoffe wie Maltodextrin oder Glukosesirup. Auch viele Fertigprodukte enthalten das weiße Pulver. Dabei kommt häufig modifizierte Stärke als Verdickungsmittel zum Einsatz. Sie ist durch physikalische oder chemische Verfahren behandelt. Im Gegensatz zur natürlichen Stärke weist sie so eine bessere Stabilität gegenüber Hitze und Säure auf. Wurde das Pulver chemisch verändert, muss es als Lebensmittelzusatzstoff deklariert werden.
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Nährwerte
In 100 g Stärke stecken 347 Kalorien, 86 g Kohlenhydrate, 0,4 g Eiweiß, 0,1 g Fett und keine Ballaststoffe. Vitamine und Mineralien finden sich nur in unbedeutenden Mengen.
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Lagerung & Aufbewahrung
Da Speisestärke sofort mit Feuchtigkeit reagiert, muss sie kühl und trocken gelagert werden – am besten in einer gut verschließbaren Dose aus Metall oder Plastik. So ist sie auch vor Schädlingsbefall sicher. Idealerweise verstaut man sie fernab von stark riechenden Lebensmitteln wie zum Beispiel Gewürzen. Sonst kann es sein, dass sie deren Aroma annimmt. So hält sich die Stärke mehrere Jahre.
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Qualität & Einkauf
Stärke ist in jedem Handel erhältlich.
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Gesundheit & Wirkung
Vitamine und Mineralstoffe findet man in Stärke nur in sehr geringen Mengen. Verwunderlich ist das nicht - denn schließlich wird das Pulver einzig wegen seiner Kohlenhydrate extrahiert! Diese gehen schnell ins Blut über und versorgen Muskeln und Hirn mit schnell verfügbarer Energie.
Aufpassen sollten Sie, wenn Sie Gäste mit einer Unverträglichkeit von Gluten haben: Bei ihnen kann normale Weizenstärke Probleme auslösen. Daher lohnt sich bei Fertiggerichten ein Blick auf die Zutatenliste. Wird hier lediglich „Stärke“ oder „modifizierte Stärke“ als Zutat genannt, dürfen Sie zugreifen. Seit einer EU-Bestimmung von 2000 muss es sich dann um eine glutenfreie Variante handeln. Andernfalls müsste auf den Glutengehalt explizit hingewiesen werden.